Psilocybin, ein krankheitsmodifizierendes Arzneimittel?

kurz und bündig:

In Deutschland müssen etwa 1 Million Menschen pro Jahr psychisch behandelt werden. Ca. 5 Millionen Menschen nehmen ein Antidepressivum ein. Seit 1990 hat sich die Zahl mehr als verdoppelt. Sowohl psychiatrische Kliniken als auch ambulante Therapieangebote können den Bedarf nicht decken. Die Wirksamkeit der antidepressiven Medikamente ist moderat und symptomatisch. Eine neue Substanz, die Hoffnung macht, ist Psilocybin.

Was ist Psilocybin?

Psilocybin ist ein Psychedelikum. Als Psychedelika werden halluzinogen wirksame psychotrope Substanzen bezeichnet, die in höheren Dosierungen einen psychedelischen Rauschzustand (umgangssprachlich „Trip“) auslösen. Bekannte und verbreitet genutzte Psychedelika sind LSD, psilocybinhaltige Pilze oder Ayahuasca.

Gefahren der Psychedelika

Psychedelische Substanzen können unter ungünstigen Voraussetzungen vorübergehende Angstepisoden oder eine Psychose auslösen sowie bei Missbrauch zu fortbestehenden Wahrnehmungsstörungen führen.

Studienlage zur Anwendung von Psilocybin als Antidepressivum

Die beste Studienlage zur medizinischen Anwendung von Psilocybin gibt es in der Behandlung von unipolaren depressiven Störungen einschließlich therapieresistenten Depressionen. Wirksamkeitshinweise finden sich auch zu Substanzgebrauchsstörungen und Angsterkrankungen bei lebensbedrohenden Erkrankungen.

Psilocybin führte bereits nach 1 oder 2 Einzelgaben zu einer langfristigen Besserung und war der Gabe von bisher verfügbaren Antidepressiva teilweise überlegen, insbesondere hielt die Besserung oft bis zu Monaten an. Der Vorteil besteht darin, dass keine Dauergaben notwendig sind. Daraus lässt sich schließen, dass Psilocybin nicht nur einen symptomatischen, sondern einen krankheitsmodifizierenden Effekt hat. Die Therapie erfolgt derzeit unter begleitender Psychotherapie sowohl vorbereitend, las auch während der „peak“ Erfahrung und nachbereitend.

Die biologischen Effekte scheinen auf der Erhöhung der Neuroplastizität zu beruhen, auf einer verminderten Filterfunktion des Thalamus und auf einer erhöhten Konnektivität von sonst getrennt funktionierenden Hirnarealen und auf einer verminderten Aktivität des Default-Mode-Network, dessen Aktivität zu Gedankenkreisen führt. Der psychische Effekt besteht in einer höheren psychischen Flexibilität, einer vermehrten Konfrontation mit biographischen Erlebnissen und einem verbesserten Zugriff auf Emotionen. Das kann zu emotionalen Durchbruchserfahrungen führen bis hin zur Auflösung des Konflikts. Die Betroffenen können eine höhere Akzeptanz ihrer eigenen Person erlangen.

Gefahren

Neben körperlichen Beschwerden wie Kopfschmerzen oder Blutdruckanstieg kann es zu psychischen Nebenwirkungen kommen. Psychotische Episoden können ausgelöst werden. Nicht häufig, dafür gravierend können langfristige psychologische Veränderungen auftrten wie Derealisationssyndrome oder „hallucinogen persistent perception disorder“, die mit bleibenden Wahrnehmungsstörungen einhergeht.

Fazit

Psilocybin ist eine Substanz, die Hoffnung auf eine bessere Behandlung von Depressionen verspricht. Allerdings muss zunächst in weiteren Studien geklärt werden, welche Menschen gefährdet sind, bleibende Nebenwirkungen zu entwickeln. Außerdem brauchen wir Langfriststudien, um das Risiko auf Mortalität und Langzeitergebnisse beurteilen zu können.

Quelle: Deutsches Ärzteblatt 26/2024:868-873

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