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Prader-Willi-Syndrom

kurz und bündig

Das Prader-Willi-Syndrom ist eine genetische Erkrankung, die zu körperlichen und geistigen Einschränkungen führt. Ca. 1: 10 000-1: 20 000 Neugeborene sind davon betroffen. Bei Erkrankten funktionieren der Hypothalamus und das neuronale System anders als bei Gesunden. Die Erkrankung kann unterschiedlich stark ausgeprägt sein.

Ursache

Die Ursache liegt an einer Störung des Chromosoms 15, wobei 70 % der Patienten eine Deletion des väterlichen Allels aufweisen und 30 % eine mütterliche. Weniger als 1 % der Betroffenen haben einen sogenannten Imprinting-Defekt in einem regulatorischen Element der Region.

Symptome

Schon vor der Geburt zeigen sich oft schon verminderte Kindsbewegungen im Mutterleib. Bei Geburt ist häufig das Geburtsgewicht vermindert. Im ersten Lebensjahr macht sich eine ausgeprägte muskuläre Hypotonie bemerkbar mit Ernährungsproblemen und Trinkschwäche. Diese werden dann in späteren Lebensjahren abgelöst durch eine Hyperphagie (übermäßige Nahrungsaufnahme durch gesteigerten Appetit) mit Adipositas. Diese führen dann im Erwachsenenalter zu Fettleibigkeit, Diabetes und Herzinsuffizienz. Zudem ist die geistige Entwicklung verzögert und es kommt zu Minderwuchs. Äußere Auffälligkeiten sind mandelförmige, oft blaue Augen, ein kleiner Mund mit schmaler Oberlippe, kleine Hände und Füße, Hypogenitalismus/Hypogonadismus und eine verminderte Pigmentierung.

Diagnose

Es muss eine molekular-/zytogenetische stufenweise Abklärung erfolgen.

Therapie

Bis jetzt gibt es keine Heilung. Das Behandlungskonzept umfasst symptomatische Maßnahmen wie Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie, eine kalorienreduzierte Ernährung und die Substitution mit Hormonen (Wachstumshormon, Sexualhormone). Empfehlenswert ist eine Anbindung an eine Spezialambulanz oder ein Zentrum für PWS- Patienten.

Prognose

Insgesamt hat sich die Langzeitprognose für PWS-Betroffene deutlich verbessert. Durch eine Früherkennung und rechtzeitige Therapie, insbesondere eine Ernährungskontrolle, kann die an sich verkürzte Lebenserwartung verlängert werden. Wichtig für die Betroffenen ist ein geregelter Tagesablauf mit klaren Strukturen. Eventuell sind operative Eingriffe nötig, um Fehlstellungen oder andere Beeinträchtigungen zu beseitigen. Da es bis jetzt noch keine Therapie der genetischen Ursache gibt, richtet sich das ganze Augenmerk auf die Verbesserung der Lebensqualität und die Vermeidung von Folgeerkrankungen oder Komplikationen.

Spannende neuere Therapieansätze

Pharmakologische Ansätze:

Pitolisant: Dieses Medikament zur Behandlung von exzessiver Tagesmüdigkeit (EDS) bei PWS-Patienten hat in einer Phase-2-Studie vielversprechende Ergebnisse gezeigt. Es wird als selektiver Histamin-H3-Rezeptor-Antagonist verwendet und zeigte Verbesserungen in der Tagesmüdigkeit und möglicherweise auch bei Verhaltenssymptomen. Eine Phase-3-Studie wird vorbereitet.

Setmelanotid: Setmelanotid wird für die Behandlung von Hyperphagie und Fettleibigkeit bei PWS-Patienten untersucht. Es wirkt auf den Melanocortin-4-Rezeptor und hat in frühen Studien signifikante Erfolge bei der Reduzierung von Hunger und Gewicht gezeigt.

Oxytocin und Analoga: Oxytocin und seine Derivate, die das Sozialverhalten und den Appetit regulieren, werden ebenfalls untersucht. Frühere Studien zeigten positive Effekte auf das Essverhalten, und Phase-3-Studien laufen derzeit

Genetische Therapien:

Forschung zur Aktivierung von Genen auf dem maternalen Chromosom 15, etwa durch CRISPR-basierte Genaktivierung oder kleine Moleküle, die epigenetische Marker verändern, ist in einem frühen Stadium. Diese Ansätze könnten potenziell die genetische Ursache von PWS adressieren und langfristige Behandlungsoptionen bieten.

Nicht-invasive Therapien:

Transkutane Vagusnerv-Stimulation (t-VNS): Diese Methode wurde erfolgreich zur Verbesserung emotionaler Kontrolle und Reduktion von Wutausbrüchen bei PWS eingesetzt. Sie zeigte jedoch keine signifikanten Effekte auf Hyperphagie, bleibt aber eine vielversprechende Ergänzung in der Verhaltensbehandlung.

Weitere medikamentöse Ansätze:

GLP-1-Rezeptoragonisten (wie Semaglutid): Diese Medikamente, die den Appetit unterdrücken und den Glukosestoffwechsel verbessern, werden in laufenden Studien für PWS evaluiert. Sie könnten eine Rolle in der zukünftigen Behandlung von Übergewicht und Diabetes bei PWS spielen.

Diese therapeutischen Ansätze werden derzeit weiter erforscht, um die Lebensqualität von PWS-Patienten zu verbessern, insbesondere in Bezug auf das Essverhalten, hormonelle Störungen und Verhaltensprobleme.

Quellen:

MentalHealthDaily, Prader-Willi Research, Neurology live, MDPI

Hausarzt 15,20.9.2024; S.38-40

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