Arteriitis temporalis
10.11.2009:Erfahrungsbericht zum Thema Arteriitis temporalis
Link zum Fachartikel Arteriitis temporalis
Ich bin jetzt 70 Jahre alt und war bis zu meiner Erkrankung ein relativ gesunder Mann mit leichten rheumatischen Beschwerden. Ich treibe nach wie vor Sport mit Langlauf dreimal jeweils eine Stunde pro Woche und spiele auch regelmäßig Golf.
Ich reise gern und verlängere den Sommer im tropischen Südchina um drei bis vier Monate.
Ich schreibe ausführlich um „Leidensgenossen“ möglichst zu vermeiden. Ich wünsche allen Patienten eine schnelle Diagnose und erfolgreiche Therapie.
Keiner sollte seine Reiselust schmälern. Auch im Ausland kann man Blutproben nehmen lassen. Mein Rheumatologe beantwortet auch E - Mails.
Am 8. August 2007 wurde ich von meiner Hausärztin in die Innere des Krankenhauses Langenfeld eingewiesen nachdem ich vier Wochen Schulterschmerzen, starken Nachtschweiß und Fieber hatte und eine Therapie auf Lungenentzündung erfolglos war.
Nach umfangreichen Untersuchungen, auch außerhalb der Klinik, diagnostizierte der Chefarzt nach sechs Tagen Polymyalgia rheumatica M35.3 und Fieber, subfebril R50.9. Er hat sich verantwortungsvoll um mich bemüht und vorbeugend eine Augenuntersuchung angeordnet. Er hat selbst sorgfältig die Schläfenarterien mittels Ultraschall untersucht. Damit schien Arteriitis temporalis nicht beteiligt zu sein.
Ich erhielt drei Tage in Folge 100 mg Cortison. Schon nach der ersten Verabreichung war ich „wie neu geboren“ völlig beschwerdefrei. Mit einem wertvollen Hinweis auf Infos im Internet wurde ich entlassen.
Meine Hausärztin drängte auf Cortisondosisminderung wegen Nebenwirkungen.
Bevor ich eine lange Reise nach Südchina antrat, wurden zweimal Blutproben entnommen. Dass ich mit einer Blutsenkung von 20 mm/h (1. Stunde) abreiste, erfuhr ich erst viel später nachdem ich Informationen aus dem Internet hatte und ich mir im Nachhinein alle Analysen ausdrucken ließ.
Ich war zunächst beschwerdefrei, hatte aber nach 10 Tagen in China sehr starken Schwindel. Das war aber schon nach wenigen Stunden vorbei. Ich führte die Erscheinung auf eine soeben unternommene Bergwanderung bei großer Hitze zurück. Auch eine Flugreise nach Hainan im Südchinesischen Meer, erlebte ich ohne Probleme. Ende November empfand ich deutlichen Augenreiz, hatte Schulterschmerzen, auch Nachtschweiß stellte sich ein. Ich war inzwischen mit der Tagesdosis auf 10 mg und erhöhte auf 15mg. Drei Tage danach war ich wieder völlig beschwerdefrei und freute mich, die Beschwerden so einfach überwunden zu haben.
Ende Dezember flog ich für zehn Tage nach Sydney ohne Probleme bei einer Tagesdosis von 12,5 mg.
Bevor ich China verließ, konsultierte ich den Rheumaspezialisten im CLIFFORD HOSPITAL (eine der besten Kliniken Chinas) in der Nähe von Kanton. Ich wollte wissen, ob man in China vielleicht eine andere, evtl. klassische Heilmetode hat. Ich besuchte ohne Voranmeldung das Hospital. Nur eine Patientin war vor mir und hatte bei ihm eine Beratung. Nach kaum einer Viertelstunde konnte ich mich mit ihm englisch unterhalten. Er bestätigte die Therapie mit Cortison als die beste überhaupt. Er hatte Zeit für mich und kostete nichts. Das ist dort so üblich. Beratung ist kostenfrei, Medikamente, Labor und Operationen sind nach Katalogpreisen abzurechnen.
Ende Januar 2008 landete ich wieder in Deutschland und hatte sofort Beschwerden. Ich erhöhe von 12,5 auf 20 mg/d und war nach 12 Tagen beschwerdefrei. Offensichtlich erfordert Tropenklima weniger Cortison oder was war sonst die Ursache?
Meine Hausärztin war inzwischen im Ruhestand. Den neuen Hausarzt bat ich um einen Termin beim Rheumatologen. Ich sollte mich selbst drum kümmern, bekam aber einen Arzt genannt. Die automatische Telefon- Anlage fragte, ob ich Privat- oder Kassenpatient sei. Erst dann schaltete die Anlage zur Helferin durch. Ich erhielt einen Termin mit neun Monaten Wartezeit. Ach, hätte ich doch weitere Fragen in China beantworten lassen!
Beim Hausarzt ließ ich das Blut regelmäßig prüfen. BSG von 60mm/h (1. Stunde) und CRP von 1,99 mg/dL nannte er erhöht. Normwerte wurden nicht genannt.
So flog ich Ende April 2008 für 5 Wochen nach China, mir nicht der Gefahr bewusst in der ich mich befand.
Als ich dann wieder zurückkam, wollte ich mein Blut untersuchen lassen. Das ist nach nahezu drei Monaten nach meiner Meinung unbedingt notwendig. Ich spüre auch Beschwerden. Die Praxis war offen, denn außer meinem Hausarzt ist auch eine Ärztin tätig. Die Helferin wies mich ab, denn „mein Arzt“ sei in Urlaub.
Nach einer Woche stellte ich einen Schatten im linken Auge fest. Was nun? Ich erinnerte mich an den Chefarzt der Langenfelder Klinik. Das könnte mit meiner Krankheit zusammenhängen. Ich erhöhte die Dosis von 10 auf 20 mg/d.
Mein Arzt war soeben wieder da. BSG betrug 52 mm/h und CRP 5,59 mg/dL. Die Werte erfuhr ich damals nicht. Der Arzt empfahl 15, ich blieb aber bei 20 mg/d Cortison. Die Augenärztin, die mich schon auf Weisung des Chefarztes untersucht hatte und nun von mir darauf hingewiesen war, dass ich Polymyalgia rheumatica habe, diagnostizierte: Ein Konglomerat aus kleinen Teilchen schwebt im Glaskörper. Der Störenfried wird sich bald bewegen und freie Sicht erlauben. Ich solle meine Cortisondosierung entsprechend der Vorgabe des Arztes nehmen. Ich wolle eigentlich wissen: Ist die Netzhaut betroffen (mehr Cortison, denn dann habe ich auch Arteriitis temporalis) oder die Linse (zu viel Cortison). Aufgrund dieses Befundes folgte ich der Empfehlung des Arztes und reduzierte auf 15 mg/d.
Es stellte sich sporadisch Doppelbild- Sehen ein. Meine Beschwerden wurden stärker. Ich spürte nun auch am rechten Auge einen Druck wie auf der linken Seite. Es war Mittwochnachmittag, 20 August 2008. Ich suchte Infos im Internet. Mir wurde klar: Ich habe auch Arteriitis temporalis! Schnelle Verabreichung von einer hohen Cortisondosis war erforderlich. Ich schätzte, dass ich evtl. nicht schnell genug ärztliche Hilfe erhalten kann und entscheide mich für 200 mg/d, vorläufig für drei Tage.
Am nächsten Morgen drängte ich auf Blutentnahme und einen Termin beim Hausarzt. Ich wünschte, dass er mich als Notfall einstuft und mich schnellstens einem Rheumatologen vorstellen möchte. Dabei übergab ich ihm Ausdrucke aus dem Internet, wo die Notfalleinstufung empfohlen wird. Auch meine Krankheitsprotokolle mit allen Dosierungen und Beschwerden übergab ich.
Am nächsten Tag hatte mein Hausarzt bereits Rücksprache mit einem Spezialisten gehalten und dort einen Termin für mich bekommen. Ich war nun durch Informationen aus dem Internet gewarnt und ließ mir alle noch verfügbaren Blutwerte nachtäglich ausdrucken.
Ich bin seit dem Rückfall bei davongelaufenen Blutwerten nie wieder beschwerdefrei geworden. Augentrübung und Augenreiz auf der linken Seite sind meine ständigen Begleiter. Manchmal habe ich auch Kopfdruck und Kopfstiche bei normwertigem Blut. Meine Lebensqualität ist beeinträchtigt.
Ich verlängere auch weiterhin den Sommer in Südchina und unternehme von dort weitere Reisen innerhalb Chinas und Ostasiens. Bin im Hochgebirge bis auf 4200 Meter gewesen und in Äquatornähe.
Alle vier Wochen lasse im CLIFFORD HOSPITAL das Blut für etwa vier Euro untersuchen. Die Klinik ist perfekt organisiert. Über meine Chipkarte sind alle Stationen sofort informiert. Die Hygiene ist beispielhaft. Alle Schwestern tragen Hygienemasken, der Arm wird zur Blutentnahme auf ein steriles Tuch gelegt, mit einem sterilen Schlauch abgebunden, die Entnahmekanüle ist natürlich auch steril, sie wird aber nicht starr mit dem Gefäß verbunden, sondern mit einem Schlauch. Das ist für die Patienten angenehmer.
Alle Termine erhält man unangemeldet sofort. Wird das Blut vor 11 Uhr entnommen, kann das Ergebnis ab 16 Uhr an der Station „Qick Out Patient“ abgeholt werden. Wünscht man eine Stellungnahme des Facharztes, so ist das bis 19 Uhr möglich.
Nachdem ich es für angemessen hielt, mich selber zu informieren, fiel mir auf, dass mich niemand auf die Gefahren meiner Erkrankung hinwies. Im Vordergrund stand die Zurücknahme der Cortisondosierung. Diese sollte nach meiner persönlichen Erfahrung nur nach längerer absoluter Beschwerdefreiheit behutsam erfolgen.
Meine Knochendichte wurde gemessen. Da ist momentan kein Problem in Sicht. Natürlich nehme ich auch Calcium und Vitamin D3. Da ich einen Erhaltungswert mit Cortisondosen unter 7mg/d offensichtlich nicht erreichen kann, möchte ich mich über andere Präparate informieren. Mein Rheumatologe rät wegen stärkerer Nebenwirkungen als bei Cortison ab. Was soll ich nun machen?
Mit freundlichem Gruß
Lieber Besucher unseres Gesundheitsportals,
vielen Dank für Ihren für unsere Leserinnen und Leser sehr interessanten Bericht, der auch zur Vorsicht mahnt. Was in der Vergangenheit sicher nicht optimal war, ist die doch stark schwankende Kortisongabe. Man sollte gerade bei der Polymyalgia rheumatica das Kortison sehr langsam reduzieren, da es sonst immer wieder zum Auftreten von Entzündungen kommen kann. Bringt man dennoch die Entzündungen über längere Zeit nicht in den Griff, ist eine Therapie mit einem lang wirkenden Antirheumatikum wie z. B. Methotrexat zu diskutieren, das natürlich auch Nebenwirkungen haben kann und ebenso überwacht werden muss. Jedoch muss man auch die Nebenwirkungen einer lange dauernden Kortisontherapie in Betracht ziehen(z. B. Zuckerkrankheit). Nur unter Betrachtung des gesamten Verlaufs Ihrer Werte, die man in Beziehung zur Kortisondosis setzen sollte und unter Beachtung Ihrer sonstigen Risiken kann man eine Entscheidung über das weitere Vorgehen treffen. Dass in die Entscheidung auch die Beurteilund des Augenarztes mit einbezogen werden sollte und regelmäßige ärztliche Kontrollen notwendig sind, ist selbstverständlich. Wir wünschen Ihnen, dass Sie Ihre Fitness noch lange behalten dürfen und die Polymyalgia rheumatica ausheilt, vor allem auch, dass Sie noch lange interessante Reisen unternehmen können. Ihr Bericht über den Zustand des deutschen Gesundheitswesens macht sehr betroffen und man kann nur wünschen, dass sich das bald ändert. Liebe Grüße
Ihr Biowellmed Team
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