Von „Essen ist für mich eine Qual“ bis „Essen ist für mich das Größte“, von „Essen macht Sie krank“ bis „Essen fördert Ihre Gesundheit“ reichen die Aussagen verschiedener Menschen. Von „ich esse, was ich will und soviel ich will, warum soll ich mir auch das Leben schwer machen, es ist doch kurz und schwierig genug“ bis „ich esse schon ein ganzes Leben lang bewusst. Lieber verzichte ich auf eine Schleckerei, als zu viele Pfunde mit mir herumzuschleppen. Solange ich atme und lebe will ich alles tun, um gesund und beweglich zu bleiben“ begegnen uns unterschiedlichste Auffassungen. Es gibt Menschen, die sich zu Tode hungern (Magersucht=Anorexie) und solche, die sich zu Tode essen (Fettleibigkeit=Adipositas per magna). Ich habe Patienten, die weinen, wenn ich ihnen mitteile, dass sie besser auf Schweinshaxen und Torten verzichten sollten. Sie können sich ein gesundes Leben ohne solche Speisen nicht vorstellen und andere, die konsequent und problemlos ihre Ernährung umstellen. So bunt wie das Leben, so bunt wie die Menschen, so bunt ist die Einstellung zum Essen. Wie fast immer in der Medizin, die sich ja mit dem Individuum Mensch befasst, ist eine Pauschalierung schwierig und eine Ernährungsberatung, die auf die Bedürfnisse, Probleme, Vorlieben, Erkrankungen, Gefahren etc. des einzelnen Menschen abgestimmt ist, effektiver und sinnvoller.
Dennoch stellen wir Ihnen auf den folgenden Seiten Wissenswertes zum Thema Ernährung vor, um Ihnen Denkansätze für Änderungen oder für das Gespräch mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt zu geben. Auch wenn Sie ganz gesund und schlank sind und gar keine Probleme haben, können Sie vielleicht nützliche Anregungen erhalten.
Es gibt eine Vielzahl von Empfehlungen zu einer gesunden Ernährung, eine noch größere Anzahl von empfohlenen Diäten.
Täglich entstehen neue Erkenntnisse über Nahrungsmittel und Wirkungen der Ernährung auf den Organismus.
1992 wurde in den USA eine Nahrungsmittelpyramide für die Öffentlichkeit freigegeben mit der Absicht, die Bevölkerung gesünder zu machen.
Grundlage der Ernährungsempfehlungen war dabei eine Fettreduktion bei gleichzeitiger kohlenhydratbetonter Ernährung.
Walter Willett, Vorsitzender der Abteilung Nahrungsmittel an der Harward Universität, hat diese Ernährungspyramide nach neuen wissenschaftlichen Erfahrungen modifiziert.
Nach wie vor besteht keine absolute Einigkeit bei führenden Gremien (z.B. Leitlinien der deutschen Ernährung).
Hier eine wertneutrale Empfehlung zu geben, die wirtschaftliche Interessen (Süßwarenhersteller, Molkereien, Landwirtschaft) nicht berücksichtigt, ist relativ schwierig, da man als Berichtender auf Quellenangaben von Studien angewiesen ist, die jedoch von den jeweiligen Organisationen in Auftrag gegeben werden.
Da ein Großteil von Erkrankungen auf schlechte Ernährung zurückzuführen ist, ist das Thema jedoch von großer Bedeutung.
In vielen Punkten ist sich die Wissenschaft heute einig. So besteht z.B. kein Zweifel an dem gesundheitlichen Nutzen von Obst, Gemüse, Vollkornprodukten, Ballaststoffen und dem Verzehr ungesättigter Fettsäuren. Differenzen bestehen eher am prozentualen Anteil der für die Gesundheit wichtigen Anteile dieser Nahrungsmittel.
In den von uns angegebenen Gesundheitsrichtlinien richten wir uns weitgehend nach den Vorstellungen von Walter Willett, da hier der sogenannte glykämische Index mit berücksichtigt wird, auf den wir später eingehen werden.
Welche Folgen ein hoher Fleischkonsum für die Umwelt hat, können Sie in der Diplomarbeit von Adrian Epp und Alex Reichenbach der ETH Zürich sehr gut nachlesen.
Auch die Folgen der Antibiotikafütterung bei Tieren mit zunehmendem Verlust der Wirksamkeit (Resistenzentwicklung) müssen bedacht werden.
Natürlich finden wir heute genaugenommen kein Nahrungsmittel, das völlig frei von Schadstoffen ist. Wir können nur Schadensbegrenzung betreiben.
Die Entscheidung bei pflanzlichen Produkten zu Bioprodukten aus ökologischem Anbau bringt durch geringere Schadstoffbelastung sicher eine geringere Nitratmenge mit sich.
Bioprodukte wachsen langsamer und enthalten daher meist weniger Wasser und prozentual mehr Geschmacks- und Aromastoffe.
Generell wichtig für die Ernährung ist, dass die Waren möglichst frisch sind, da bei Lagerung, langem Transport und entsprechender Zubereitung wie z.B. langem Kochen ein Vitalstoffverlust mit Verlust an Vitaminen, Spurenelementen, Mineralien usw. auftritt.
Grundlegend leidet ein großer Teil der Menschen an Übergewicht.
Eine insgesamt geringere Nahrungszufuhr ist daher allgemein von großer Bedeutung. Um hohe, überschießende Blutzuckerspiegel zu verhindern ist eine häufige Aufnahme von kleinen Nahrungsmengen sehr viel günstiger als drei Mahlzeiten am Tag.
Besser sind fünf Mahlzeiten.
Unbedingt darauf zu achten ist, dass eine hochwertige Nährstoffzufuhr erfolgt.
An wichtigster Stelle steht dabei auch unsere Trinkmenge mit einem genügenden Angebot von frischem Wasser (in Form von z.B. Mineralwasser, Kräuter- oder Früchtetee).
Stellen sie sich ein Auto vor, das kein Benzin oder Öl erhält. Sie wollen damit fahren, ohne nachzutanken.
Ähnlich verhält es sich mit unserem Wasser- und Nährstoffbedarf. Ohne Zufuhr kann unser Körper nicht funktionieren.
Neben Wasser sollten täglich Vollkornprodukte verzehrt werden (in Form von Vollkornnudeln, Vollkornreis oder Vollkornbrot).
Das volle Korn enthält einen hohen Anteil von Faserstoffen (Müllmänner des Darmes) und reichlich Mineralien und pflanzliche Eiweiße. Ein hoher Anteil dieser wichtigen Stoffe sitzt unter der Schale des Kornes. Daher können raffinierte Produkte nicht die gleiche biologische Wertigkeit besitzen.
Daneben sollten Pflanzenfette verwendet werden. Diese liefern dem Körper einen hohen Anteil an ungesättigten Fettsäuren, die für eine Vermeidung von Ablagerungen an Blutgefäßen mitverantwortlich sind und dadurch die Risiken von Herzkreislauferkrankungen vermindern.
Dafür können z.B. Olivenöl, Rapsöl, Sonnenblumenöl, Nussöl, etc. eingesetzt werden.
Eine Ausnahme stellen Kokos- und Palmfett in festem Zustand dar, die reich an den weniger gesunden gesättigten Fettsäuren sind.
Unsere Nahrung sollte reichlich Obst und Gemüse enthalten. Diese liefern einen hohen Anteil an pflanzlichem Eiweiß, Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen und sekundären Pflanzenstoffen.
Die sekundären Pflanzenstoffe sind noch nicht sehr gründlich untersucht. Man weiß jedoch, dass sie für unsere Gesundheit sehr wichtig sind.
Vitamine habe eine vielfältige Funktion in unserem Körper. Sie unterstützen den Ablauf chemischer Reaktionen und sind ebenso wie die übrigen Inhaltsstoffe der Pflanzenwelt wichtig für Körpervorgänge, ohne den Körper mit einem hohen Kalorienanteil zu belasten.
Die Ernährung sollte eher fettarm sein, wobei sehr zwischen gesättigten und ungesättigten Fettsäuren zu unterscheiden ist. Gesättigte Fettsäuren schädigen unsere Blutgefäße. Dagegen sind ungesättigte Fettsäuren sehr nützlich. Sie kommen z.B. in Form von Nüssen (vor allem Walnüsse) vor. Hier ist natürlich wegen der hohen Energielieferung eine Mengenbeschränkung erforderlich.
Hülsenfrüchte sind sehr eiweißreich und ebenfalls sehr ballaststoff- und vitaminreich und sollten in der Ernährung nicht fehlen. Da der Körper auf eine gewisse Menge an Eiweiß angewiesen ist, sollten wir täglich etwas Geflügel oder Eier zu uns nehmen, diese enthalten gesättigte Fettsäuren haben aber ein sehr hochwertiges Eiweiß.
Auch Seefisch stellt eine sehr gute Alternative dar, mit einem hohen Anteil an Omega-3-Fettsäuren, die wegen der Verbesserung der Fließeigenschaften des Blutes und Verhinderung von Gefäßablagerungen sehr nützlich sind. Diese Fettsäuren sind vor allem in Hering, Lachs, Makrele und Thunfisch enthalten.
Tierische Produkte sollten insgesamt auf etwa ein Drittel unserer Ernährung beschränkt werden. Hierzu gehören auch die Milchprodukte wie Käse, Milch, Joghurt, Quark und andere.
Rotes Fleisch und Butter sollten sparsam verwendet werden, da sie einen hohen Anteil an gesättigten Fettsäuren enthalten.
Ebenso sollten weißer Reis, Weißbrot, Kartoffeln, Nudeln und Süßigkeiten sparsam verwendet werden.
Diese liefern im Vergleich zu Vollkornprodukten weniger Ballaststoffe, Mineralstoffe und Spurenelemente und haben einen höheren glykämischen Index.
Der glykämische Index eines Nahrungsmittels sagt etwas aus über die Menge der Insulinausschüttung dieses Nahrungsmittels.
Insulin ist ein Hormon, das in der Bauchspeicheldrüse produziert wird und die Aufnahme der lebenswichtigen Glukose in Leber- und Muskelzellen erhöht.
Als Folge der erhöhten Insulinfreisetzung und des Glukosetransports in die Zellen sinkt der Blutzuckerspiegel schnell ab und durch dieses Absinken erfolgt eine relative Unterzuckerung, die wieder erneut Hungergefühle auslöst.
Der Hunger veranlasst die Menschen wieder zu einer erhöhten Nährstoffaufnahme. Außerdem können hohe Glukose- und Insulinmengen die Triglyzeride, eine Fettsäure, erhöhen und die HDL-Konzentration („gutes Cholesterin“) senken. Beides erhöht das Risiko für Herzkreislauferkrankungen.
Je höher der Ballaststoffanteil eines Nahrungsmittels ist, umso langsamer erfolgt die Insulinfreisetzung. Damit wird dem beschriebenen Prozess entgegengesteuert.
Aus diesem Grund kann gefordert werden, vor allem Kohlenhydrate für die Ernährung zu verwenden, die einen geringen glykämischen Index und einen hohen Ballaststoffanteil sowie einen hohen Anteil an Vitaminen, Spurenelementen, Mineralstoffen und sekundären Pflanzenstoffen haben, d. h komplexe Kohlenhydrate.
Eine hohe Fettzufuhr führt zu einem Überangebot an Energie und damit zu Übergewicht.
Welche Fette verwendet werden sollen, hängt stark vom Anteil der gesättigten und ungesättigten Fettsäuren ab, da gesättigte Fettsäuren durch Gefäßablagerungen zu einer Erhöhung des Herz-Kreislauf-Risikos führen , freie Fettsäuren dagegen dieses Risiko vermindern.
Hier konnten wir sehr viel von der mediterranen Ernährung lernen, wo viel Olivenöl und Fisch mit ungesättigten Fettsäuren verzehrt wird, was zu einer höheren Gesundheit der Bevölkerung beiträgt.
Der gesundheitliche Nutzen von Obst und Gemüse zeigte sich in einer großen Studie.
Dort sieht man, dass die Dickdarmkrebsrate bei einem hohen Ballaststoffanteil in der Ernährung drastisch gesenkt werden konnte.
Lange wurde der Verzehr von großen Mengen Milchprodukten empfohlen, um die Knochenentkalkung (Osteoporose) zu verhindern. Man erkannte jedoch zum einerseits, dass die Knochenentkalkung durch eine große Menge an Milchprodukten nicht verhindert werden konnte, andererseits ist eine hohe Kalziumzufuhr bei Männern auch mit einem höheren Prostatakrebsrisiko verknüpft. Man führt dies auf die mit der Milch zugeführten hohen Mengen an Östrogen und gesättigten Fetten zurück.
Kalzium kann sehr gut über Gemüse zugeführt werden. Daher ist es sinnvoll, den Anteil an Milchprodukten gering zu halten.
Uneinigkeit herrscht auch über den Sinn von Nahrungsergänzungsmitteln. Viele Wissenschaftler sind der Auffassung, dass es nicht notwendig ist Nahrungsergänzungsmittel zu sich zu nehmen. Andere wiederum, wie auch Willett, halten dies durchaus für sinnvoll.
Meiner Meinung nach ist eine generelle Richtlinie schwierig. Die Empfehlung ist immer davon abhängig, wie gesund und ausgewogen sich ein Mensch ernährt, welchen Belastungen (beruflich, Stress, körperlich, z.B. Sport- usw.) er ausgesetzt ist und wie sein Gesundheitszustand ist.
Große Belastungen erfordern einen höheren Vitalstoffbedarf. Viele Studien zeigen einen Nutzen von Nahrungsergänzungsmitteln, die vorbeugend eingenommen werden, jedoch häufig keinen Vorteil, wenn sie therapeutisch gegeben werden.
An dieser Stelle ist auch das Thema Bioverfügbarkeit von Nahrungsmitteln wichtig. Durch die Komplexizität von pflanzlichen Nahrungsmitteln und das Zusammenwirken vieler verschiedener Stoffe wie Vitamine, Spurenelemente, Eiweiße usw. entstehen zum Teil Wirkungen, die sich gegenseitig unterstützen (synergistisch).
Nahrungsergänzungsmittel, die pflanzlichen Ursprung sind, können meist eine höhere Bioverfügbarkeit bieten als chemisch hergestellte Nahrungsergänzungsmittel.
Natürlich hängt die Bioverfügbarkeit auch von der Aufnahme der Nährstoffe über den Darm ab.
Diese Aufnahme kann durch eine Fehlernährung ebenso verschlechtert werden wie durch Aufnahme von Schadstoffen, Medikamenten usw.
In diesem Zusammenhang ist auch eine Einschränkung der Alkoholzufuhr von Bedeutung. Alkohol verschlechtert die Darmsituation und verringert damit ebenfalls die Bioverfügbarkeit von Nahrungsmitteln.
Abgesehen davon ist auch jede noch so kleine Menge Alkohol gehirnschädigend (neurotoxisch).
Dass ein gewisses Maß an Alkohol für die Verminderung von Herzrisikofaktoren sinnvoll sein kann, zeigt wieder die enge Gratwanderung und die Tatsache, dass die Dosis das Gift macht.
Mineralstoffe:
- Dazu gehören z.B. Eisen – wichtig für den Hämoglobinaufbau unseres Blutes und damit für den Sauerstofftransport im Körper.
- Phosphor – wichtig für gute Knochen, Energieträger (ATP), notwendig für jede Zelle
- Kalzium – wichtig für gesunde Knochen und Zähne, wichtiges Mineral für die Muskel- und Nervenaktion
- Magnesium – wichtig für Knochen, Muskel- und Nervenaktion
- Jod – hieraus stellt die Schilddrüse ihre Schilddrüsenhormone her, die für sehr viele Körperfunktionen notwendig sind
- Zink – wichtig für Wachstum, Wundheilung, für das Immunsystem, Stoffwechsel, die Geschmacksempfindung und den Sehvorgang
- Kalium – wichtig für unseren Wasserhaushalt, das Säure- Basengleichgewicht sowie Nerven- und Muskelfunktionen
- sekundäre Pflanzenstoffe – z.B. Carotinoide – Umwandlung in Vitamin-A – elementar für den Sehvorgang.