Lange Zeit dachte man, dass die Menschen unter Stress kreativer und leistungsfähiger sind. Neuere Studien belegen jedoch, dass ein hoher chronischer Stresspegel krank macht. Er kann zu Bluthochdruck, Schlaganfall, Tinnitus, Depression, chronischen Schmerzen, Atherosklerose und Krebs führen.
Ursache ist eine Dysfunktion der sympathikoadrenergen Achse. Diese regelt über Hormone die Kortisonausschüttung. Über den Hypothalamus des Gehirns wird CRH(Corticoreleasinghormon) ausgeschüttet, das die Hypophyse zur Auschüttung von ACTH(Adrenokortikotropes Hormon) veranlasst. Dieses wiederum stimuliert die Nebennierenrinde zur Ausschüttung von Cortisol. Cortisol erhöht die Blutglucose, senkt die Insulinsensitivität, erhöht die Triglyzeride, das Bauchfett und viszerale Fett, verschiebt das LDL/HDL-Verhältnis, erhöht die Cortisolrezeptoren im Fettgewebe, erhöht das negative Ernährungsverhalten und damit BMI und Gewicht. Cortissol behindert die Glucoseaufnahme ind Skelett-, Herz- und Fettgewebszellen. Bei Depressionen ist die Cortisolkurve über den gesamten Tagesablauf nach oben verschoben. Cortisol überwindet die Blut- Hirn- Schranke und führt zur Atrophie des präfrontalen Cortex, der für logisches Denken und Impulskontrolle zuständig ist und führt zur Atrophie des Hippocampus(dieser Gehirnteil ist zuständig für das Bilden und Erinnern von Gedächtnisinhalten) und zur Atrophie der Amygdala, deren Ausfall emotionale Kurzschlussreaktionen zur Folge hat. Stress erhöht die Endothelschädigung, was zu kardiovaskulären Erkrankungen führt. Stress von mäßiger Dauer führt zu irreversiblem Verlust von dendritischen Strukturen und Neuronen. Starker und anhaltender Stress führt zum Absterben von Nervenzellen. Andererseits konnte eine Studie an Mäusen zeigen, dass Stressmangel Mäuse, die von Tumoren befallen waren, schneller umbrachte als moderater Stress. Dieser führte zu einem Tumorrückgang und bei jeder 5. Maus zum Verschwinden des Tumors. Wie schon Paracelsus feststellte: "Die Dosis macht das Gift." Es ist alles eine Frage der Menge und Intension. Moderater Stress im Sinne eines Flow, der gleichzeitig begleitet wird von einer Erhöhung des parasympathischen Nervensystems und damit der Erholung, ist nicht in gleichem Maße schädlich.
Beschrieben wird der Ablauf im i – processing -Modell:
1 Wahrnehmung
2 Denken
3 Assoziation
4 Aktivierung
1 Wahrnehmung
der stressauslösende Faktor wird wahrgenommen und vom Gehirn emotional als negativ bewertet. Emotion ist die erste Bewertungsinstanz im Gehirn
2 Denken
Nachdenken über das Erlebte: das Gehirn überträgt die kognitive Verknüpfung von Sinneseindrücken mit Stress auslösenden Emotionen in das Langzeitgedächtnis. Dieser Vorgang findet unbewusst in der REM Phase des Schlafes statt.
3 Assoziation
das Gehirn assoziiert alle jemals erlebten Stressfaktoren, die mit dem aktuell erlebten in Verbindung stehen. Dies führt dazu, dass sich die negativen Emotionen potentieren.
4 Aktivierung
über die Amygdala kommt es zu einer Aktivierung des Sympathikus und der Hypothalamus-Hypophyse-Nebennieren-Achse und Freisetzung von Adrenalin und Cortisol.
Emotionaler Stress ist ein evidenzbasierter, unabhängiger, klinisch relevanter Risikofaktor. Er kann über die HRV, Labor, EDA und Gespräch evaluiert werden. Alle Methoden zur Senkung des emotionalen Stresslevels unterstützen die Therapie und reduzieren den Risikofaktor. Hierzu bieten sich an:
-Entschleunigung im Alltag, Meditation, Yoga, Pilates, Atemübungen, Sport, körperliche Aktivität, erfüllte Beziehung und soziale Kontakte.