Etwa 10 – 25 % der Männer unter 60 Jahren leiden an einer Ejaculatio praecox.
Die Störung zeichnet sich aus durch eine fehlende Ejakulationskontrolle und ein Verbleiben des erigierten Penis von weniger als 1-2 Minuten in der Vagina der Partnerin(= kurze intravaginale Ejakulationszeit=IELT). Hieraus ergeben sich ein erhöhter Stresspegel, eine erhöhte Belastung und partnerschaftliche Probleme, da der Geschlechtsverkehr nicht für beide Partner zufriedenstellend ist.
Man unterscheidet 2 Formen:
1. primäre, lebenslange Ejaculatio praecox
2. sekundäre, erworbene, meist mit bestimmten Störungen assoziierte Ejaculatio praecox
Ursache:
1. zumindest teilweise genetisch
2. Krankheiten, situativ oder seelisch bedingte Störungen
Symptome:
1. Diese Form der Ejaculatio praecox zeigt sich bereits bei den ersten sexuellen Aktivitäten und bleibt lebenslang bestehen, unabhängig von der Partnerin oder den situativen Bedingungen. Die intravaginale Ejakulationslatenzzeit(Zeit, in welcher der erigierte Penis in der Scheide belassen werden kann), beträgt unter 1-2 Minuten. Die schwerste Form ist hierbei die Ejaculatio ante portas, bei der kein Geschlechtsverkehr durchgeführt werden kann, da der Samenerguss bereits vor Eindringen in die Scheide erfolgt. Diese Form der Ejakulationsstörung scheint nach neueren Erkenntnissen zumindest teilweise genetisch bedingt zu sein, da eine Hyposensitivität von 5-HT-2C-Rezeptoren oder eine Hypersensitivität von 5-HT-1A-Rezeptoren gefunden wurde. Serotonin ist der für den Ejakulationsvorgang wichtigste Neurotransmitter., von dem wichtige Impulse an Gehirnrezeptoren ausgehen, die den Ejakulationsvorgang hemmen und damit kontrollieren können. 5-HT-Rezeptoren sind in diesen Vorgang eingebunden.
2. Bei der sekundären Form der Ejaculatio praecox spielen Begleiterkrankungen eine große Rolle. Diese sind vor allem erektile Dysfunktion, chronische Prostatitis, das Aufmerksamkeits – Defizit – Syndrom, ein früheres nächtliches Einnässen und Überfunktion der Schilddrüse.
Feststellen der Erkrankung:
Folgende Fragen sind für den Arzt von Bedeutung:
-Besteht der vorzeitige Samenerguss bereits seit der ersten sexuellen Aktivität?
-Besteht das Problem immer oder ist es abhängig von der Situation
-Wie schnell kommt es normalerweise zum Samenerguss?
Behandlung:
Lange Zeit wurde die Ejaculatio praecox mit Sexualtherapie behandelt. Wie man heute weiß, wirkt eine alleinige Sexualtherapie bei der primären Form überhaupt nicht und bei der sekundären Form nur mäßig. Dennoch sollte in schweren Fällen eine Kombinationstherapie erfolgen aus Medikation und Sexualtherapie, da hiermit die Langzeitergebnisse besser sind.
Medikamente:
Clomipramin:
zeigt in einer Dosierung von 25 – 50 mg eine gute Wirksamkeit und kann auch bedarfsabhängig 4 – 6 Stunden vor dem Geschlechtsverkehr eingesetzt werden. Es können allerdings Nebenwirkungen auftreten wie Mundtrockenheit, Müdigkeit, Übelkeit, Schwindel, Beschleunigung des Herzschlags, EKG – Veränderungen, Blutdruckabfall und Herzklopfen.
SSRI:
Von diesen zeigte Paroxetin in einer Dosierung von 20 mg die beste Wirkung, es wirkten auch Escitalopram und Sertralin, weniger gut Fluoxetin und Fluvoxamin. Bedarfsabhängig gegeben wirkten diese Medikamente nicht ausreichend. An Nebenwirkungen treten vor allem Mundtrockenheit, Müdigkeit, Schwindel und Durchfälle auf sowie sexuelle Funktionsstörungen wie z. B. ein Ausbleiben der Erektion. Außerdem kann ein abruptes Absetzen der Medikamente zu einem SSRI – Entzugssyndrom führen mit Angstzuständen, Panikattacken und erhöhter Suizidgefahr. Außerdem sind die Wechselwirkungen mit vielen anderen Medikamenten zu beachten. Paroxetin scheint ein erhöhtes teratogenes Potential zu besitzen, Citalopram eine Beeinträchtigung der Fruchtbarkeit.
Alpha-Rezeptorenblocker:
Vereinzelt konnte eine geringe Wirksamkeit nachgewiesen werden. Große Studien stehen noch aus.
Tramadol:
Tramadol ist eigentlich ein zentral wirksames Schmerzmittel. In einer Metaanalyse konnte eine Verlängerung der IELT um ca. 3 Minuten nachgewiesen werden. Es kann jedoch die Vigilanz einschränken, somit die Fahrtüchtigkeit und Berufsausübungsfähigkeit und kann zu Atemdepression führen. Außerdem hat das Medikament ein hohes Abhängigkeitspotential und sollte nur ausnahmsweise zum Einsatz bei Ejaculatio praecox kommen.
PDE-5-Hemmer(z.B. Sildenafil):
Die bisherigen Studien könnten einen positiven Effekt vermuten lassen, reichen jedoch zur Beurteilung noch nicht aus.
Intravenöse Injektionstherapie:
Diese führt zwar nicht zu einer Verlängerung der IELT, die Erektion bleibt jedoch länger erhalten und dadurch kann die Partnerin einen befriedigenden Orgasmus erleben.
Dapoxetin:
Die Studien zeigen einen positiven Effekt auf die IELT und auf die Zufriedenheit mit dem Sexualleben, sowohl bei der primären wie auch sekundären Ejaculatio praecox. Mögliche Nebenwirkungen sind Übelkeit, Kopfschmerzen, Schwindel, Durchfall, Synkopen(meist bei der ersten Anwendung), Benommenheit und Entzündung der Nasen- und Rachenschleimhaut. Es wird bedarfsweise ca. 1 – 3 Stunden vor dem Koitus eingenommen in einer Dosierung von 30 – 60 mg.
Topische Anwendung:
Die örtliche Anwendung von lidocainhaltigen oder prilocainhaltigen Cremes auf Glans oder Frenulum führt zu einer Verlängerung der IELT. Wird zu viel Creme angewendet, kann die Eichel taub werden und dies kann wiederum zu einer erektilen Dysfunktion des Mannes führen oder zu Orgasmusproblemen bei der Partnerin.