Im Volksmund kennt man schon lange die Aussage: der Stress geht mir an die Niere oder der Stress geht mir ans Herz. Nun scheint sich ein Marker zu etablieren, von dem die Endokrinologen behaupten, er sei der Biomarker der individuellen Stressreaktion. Möglicherweise wird er schon bald als Routinetest bei verschiedenen schweren Erkrankungen wie Herzinfarkt, Schlaganfall, Herzinsuffizienz und Nierenkrankheiten diagnostische Bedeutung erlangen und auch zur Therapiebereicherung Anwendung finden.
Was ist Copeptin und was hat es damit auf sich?
Es handelt sich um eine Hormonvorstufe, den C – terminalen Teil des Prohormons Pro-AVP(AVP = Argininvasopressin = antidiuretisches Hormon). Dieses wird in Kernen des Hypothalamus gebildet und zum Hypophysenhinterlappen transportiert. Dabei spaltet sich AVP, Neurophysin II und Copeptin ab. AVP wird im Hypophysenhinterlappen gespeichert. Außerdem wird es zum Hypophysenvorderlappen transportiert und stimuliert dort endokrine Zellen zur Sekretion von ACTH. Der humoralen Stressantwort durch Freisetzung von ACTH und Cortisol wird ein synergistischer Effekt des CRH (Kortikoreleasinghormon) und AVP zugeschrieben.
Kommt AVP in den Kreislauf, bindet es an gewebespezifische Rezeptoren:
V1: sie befinden sich in den glatten Muskelzellen und führen über einen Calciumanstieg zu einer Vasokonstriktion. Außerdem findet man sie an Kardiomyozyten.
V2: sie befinden sich überwiegend in den Sammelrohren der Niere und führen über eine Erhöhung des cAMP zu einer Wasserrückresorption(antidiuretisch).
V3: sie befinden sich in der Adenohypophyse, führen zu einer ACTH-Sekretion und binden auch an Oxytocin, das sich im Gefäßendothel befindet und in verschiedenen Bereichen zu einer Vasodilatation führt.
V2 und V3 bewirken am Herzen eine Freisetzung von natriuretischem Peptid, eine koronare Vasokonstriktion und wirken negativ inotrop.
AVP kann zwar im Plasma bestimmt werden, hat jedoch eine sehr kurze Halbwertszeit von nur 24 Minuten und ist sehr instabil. Die Bestimmung war deshalb bisher noch nicht im Praxisalltag einsetzbar. Die Hormonvorstufe Copeptin hingegen ist sehr stabil und kann leicht aus ca. 50 µl Blut bestimmt werden. Die Aussagekraft entspricht der von AVP. So kann z. B. in der Diagnostik des akuten Myokardinfarktes zusammen mit Troponin T eine höhere Aussagekraft erzielt werden. Hohe Anstiege korrelieren mit einer schlechteren Prognose bei Herzerkrankungen und beim Schlaganfall. Die Größe der Läsion im MRT bei Apoplex korreliert mit der Höhe des Copeptinanstieges. Bei vielen schweren Erkrankungen kann die Bestimmung die Aussagekraft erhöhen. Und letztlich kann eventuell eine Entscheidung über den Einsatz von Vaptanen getroffen werden(AVP – Rezeptorantagonisten), die möglicherweise bei Krankheiten wie Herzinfarkt in Zukunft eine Rolle spielen können.
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