Kurz und bündig
Weltweit schätzt man derzeit 16 Milliarden Übergewichtiger und ca. 400 Millionen adipöser Erwachsener mit steigender Tendenz. Etwa 60 % der Männer sind übergewichtig und ca. 50 % der Frauen.
Ursache
Übergewicht und Adipositas entstehen, wenn die Energiezufuhr den Verbrauch übersteigt. Hierzu tragen eine genetische Disposition ebenso bei wie ein geringer sozioökonomischer Status, hoch kalorische Ernährung, zu große Essensportionen und eine zu geringe körperliche Aktivität.
Definition
Von Übergewicht spricht man bei einem body mass Index(BMI) ≥ 25 kg/m².
Von Adipositas spricht man bei einem BMI von ≥ 30 kg/m². Es ist eine über das Normale hinaus gehende Körperfettmasse vorhanden.
Folge
Ein erhöhter BMI ist mi einer erhöhten Erkrankungsrate verbunden. So wies man z. B. in der build and blood pressure study, bei der Daten von 5 Millionen Menschen ausgewertet wurden, die geringste Sterblichkeit bei Frauen mit einem BMI von 21.5 kg/m² nach, bei Männern von 22,0 kg/m². Auch in zahlreichen anderen Studien steigt die Gesamtsterblichkeit oberhalb 25 kg/m² pro 5 kg/m² um ca. 30 %. Dabei liegt der Anstieg von koronarer Herzkrankheit, Schlaganfall und Gefäßerkrankungen um die 40 %, der Anstieg von Atemwegserkrankungen um 20 %, der Anstieg von Diabeteserkrankungen um 120 % und die Tumorrate um 10 %.
Diagnostik
Die gängigste Methode zur Bestimmung des Risikos besteht derzeit in der Errechnung des BMI und der Bestimmung des Bauchumfanges. Diese Methoden sind wenig aufwändig, ungefährlich und geben eine gute Korrelation. Es existieren noch viele andere Methoden, die jedoch für die Praxis kaum umsetzbar sind. Goldstandard zur Bestimmung der Körperfettmasse ist dualenergy-x-ray-absorptiometry (Dexa) – hierbei werden durch Bestrahlung der Arme und Beine unterschiedliche Absorptionen je nach Gewebe gemessen – bzw. Hydrodensitometrie ( es erfolgt eine normale Gewichtsmessung und eine Messung komplett unter Wasser bei maximaler Ausatmung. Hieraus kann ein Algorithmus bestimmt werden).
Aufgabe des Fettgewebes
Ursprünglich dient das Fettgewebe zur Speicherung von Triglyzeriden. Und entsteht, wenn die Energieaufnahme den Energieverbrauch übersteigt. Wenn Fett benötigt wird und eine ungenügende Energieaufnahme da ist, werden aus dem Fett ungesättigte Fettsäuren frei gesetzt, die der Energiegewinnung dienen. Außerdem ist das viszerale (Bauchfett) Fett ein hochaktives endokrines Organ. Es produziert ca. 100 Adipokine, d. h. bioaktive Moleküle, die im Fett- und Kohlehydratstoffwechsel eine Rolle spielen und letztlich alle noch nicht ausreicchend erforscht sind wie z. B. Leptin, Adiponektin, Interleukin-6, Angiotensinogen, TNF-alpha, Resistin etc.
Adipositasparadoxon
In Studien ergab sich, dass übergewichtige chronisch Kranke(z. B. KHK) eine geringere Mortalität aufwiesen als Normalgewichtige oder gar Untergewichtige. Hierbei muss man jedoch einen Verzerrungseffekt annehmen, der u.a. dadurch zustande kommen könnte, dass der Beobachtungszeitraum zu kurz war, dass lediglich eine Einteilung anhand des BMI erfolgte und die allgemeine Fitness nicht berücksichtigt wurde( so sind z. B. Kranke in fortgeschrittenen Stadien der Erkrankung oft untergewichtig und gehen mit diesem Gewicht in die Studie ein). Der BMI allein sagt jedoch nichts aus über die Körperkomposition. So konnte man z. B. zeigen, dass Übergewichtige, gut Trainierte einen besseren Gesundheitszustand aufwiesen als schlecht trainierte Schlanke.
Unterhalb eines BMI von 22,5 steigt die Mortalität wieder an, assoziiert mit Nikotinabusus. Dann finden sich vermehrt Erkrankungen der Atemwege, COPD und Malignome.
Bauchumfang
Um die Körperkomposition mit einzubeziehen benutzt man die Messung des Bauchumfangs. Diese wird in Höhe des 4. – 5. Lendenwirbelkörpers durchgeführt, d.h. ca. in Höhe der Mitte zwischen unterster Rippe und oberen Beckenkamms. Ein hohes Risiko weisen Männer auf, deren Bauchumfang über 102 cm liegt und Frauen mit einem Bauchumfang über 88 cm.
Körperliche Aktivität
Insgesamt zeigt sich, dass eine Risikobeurteilung allein anhand des BMI ein falsches Bild vermittelt, da hier die Körperkomposition nicht in die Beurteilung einfließt. Gesundheit und ein längeres Leben erfordern regelmäßige körperliche Aktivität. Dies ist sicher nachgewiesen. In Deutschland ist jedoch ca. 1/3 der Erwachsenen inaktiv.
Die körperliche Aktivität kann anhand metabolischer Einheiten (METs) festgelegt werden. Darunter versteht man den Quotient aus arbeitsmetabolischer Rate zu Ruherate. Dies entspricht dem Multiplikationsfaktor, um den der Ruhesauerstoffverbrauch von 3,5 ml 02/kg KG x min unter Belastung gesteigert wird. Beispiel:
- – Leichte Tätigkeit ≤ 3 METS oder 4 kcal/min bzw. < 75 Watt
- – Moderate Tätigkeit: 3 – 6 METs oder 4 – 7 Kcal/min bzw. 75 – 100 Watt
- – Intensive körperliche Aktivität ≥ 6 METs oder 7 kcal/min bzw. > 100 Watt.
Zur Verbesserung der Gesundheit spielt jedes Training eine Rolle. Es können durch Training verschiedene positive Effekte nachgewiesen werden wie z. B. eine Ökonomisierung der Herzarbeit, Verbesserung der Insulinresistenz, erhöhte Lipolyse mit Erhöhung der schützenden HDL2 Lipoproteine und Senkung der atherogenen LDL5 und LDL6 – Lipoproteine, eine verbesserte Endothelfunktion und viele andere.
Wichtig ist dabei ein Zusammenspiel von verbesserter Ausdauer, Kraft, Flexibilität und Koordination.
Empfehlungen der American Heart Association zur Steigerung der körperlichen Aktivität und Reduzierung der Inaktivität, um das gesundheitliche und psychosoziale Wohlbefinden zu steigern und ein gesundes Körpergewicht anzustreben:
- Adäquates Ausdauertraining in Kombination mit Stretching zur Steigerung der Flexibilität und Koordination und Krafttraining zur Verbesserung der Muskelkraft
- Mindestens 30 Minuten moderate Aktivität an mindestens 5 Tagen pro Woche zusätzlich zu den üblichen Aktivitäten
Noch mehr Nutzen bringen Steigerung der Dauer und/oder Intensität.
Um das Gewicht zu halten:
- 60 Minuten moderate bis intensive körperliche Aktivität an mindestens 5 Tagen pro Woche bei bedarfsgerechter Kalorienzufuhr.
Um das Gewicht zu senken:
- 60 – 90 Minuten moderate Aktivität an mindestens 5 Tagen pro Woche bei bedarfsgerechter Kalorienzufuhr.
Empfehlenswert ist eine körperliche Untersuchung zur Erfassung möglicher Risiken.
Unabhängig vom Gewicht geht eine gesteigerte Fitness in der Regel mit einer um 35 – 40 %igen Senkung der Sterblichkeit einher.