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Rauchgasinhalation bei Brand – Folgen und Behandlung

Kurz und bündig

Mehr als 80 % der durch Verbrennung verursachten Todesfälle sind auf ein Inhalationstrauma zurückzuführen. Sofortiges Handeln rettet Leben.

Ursache

Rauchgas nach Brand enthält neben Ruß (Erstickungs- und Reizgase) die Giftgase Kohlenmonoxid(CO) und Cyanid(HCN). Einsatzorte von HCN sind die metallverarbeitende Industrie, Bergbau, Synthesen(z. B. Futtermittel, Nahrungs- und Pharmaindustrie), kunststoffverarbeitende Industrie, Papierindustrie und Photographie.
Die entstehenden Gase sind Asphyxiegase: Kohlenmonoxid, Reizgase(Ammoniak, Chlorwasserstoff, Schwefeldioxid, Stickoxide und Phosgen und Giftgase: Cynid. Co und CN entstehen in meist gesundheitsgefährdenden Mengen. Co blockiert den Sauerstofftransport durch Hämoglobin, bewirkt hierdurch inneres Ersticken. CN bindet an Fe³ des Hämoglobin und blockiert den Sauerstofftransport, bindet jedoch vor allem an das Fe³ der Cytochrom-C-Oxidase der mitochondrialen Atmungskette und hemmt damit die Sauerstoffverwertbarkeit (Utilisation). Durch die Aufnahme von CO und CN kommt es vor allem zur Schädigung der Organe mit erhöhtem Energie- und damit hohem Sauerstoffbedarf, d. h., vor allem der Schädigung von Herz und Gehirn.
Bei einer C0-Exposition dauert es relativ lange bis ein Gleichgewicht zwischen der Konzentration des CO im Alveolarraum und das an Hb gebunden CO entsteht. Die Bindung von CO an Hb ist reversibel. Sie beeinträchtigt den Sauerstofftransport, jedoch nicht die Sauerstoffnutzung in den Mitochondrien. Anders ist die Verteilung nach CN-Aufnahme in den Körper bereits nach ca. 5 Minuten abgeschlossen. CN bindet vor allem an Enzyme der Mitochondrien und hemmt damit die Sauerstoffverwertung der Mitochondrien. Diese Bindung ist irreversibel. Deshalb ist die Giftigkeit von CN ca. 20 mal größer als die von CO.
Der Organismus besitzt eine natürliche Entgiftungsmaschinerie durch das Enzym Rhodonase. Hiermit können jedoch lediglich ca. 0,1 mg/kg KG/h entgiftet werden. Die Entgiftung wird bewirkt durch eine Übertragung eines Schwefelatoms auf CN-Ionen, wodurch SCN entsteht, das nicht giftig ist.
Wird ein bestimmter Grenzwert der Aufnahme überschritten, kommt es nahezu schlagartig zu Vergiftungssymptomen.
Zu bedenken ist auch, dass ca. 30 % der durch Hitzeeinwirkung Verletzten ein begleitendes Rauchgasinhalationstrauma aufweisen. In 75 % der Todesfälle durch Brand ist eine reine CN-Vergiftung oder eine Mischintoxikation (CN + CO) die Ursache.

Risikofaktoren

Die Risiken steigen mit Verschlechterung des Allgemeinzustandes durch bereits vorhandene Erkrankungen, mit dem Alter, mit der Expositionsdauer, mit der Menge des aufgenommenen Giftes und mit der Art der Aufnahme (Inhalation, Resorption, Ingestion). Die Aufnahme erfolgt über die Atmung, über die Haut und über den Magen. Eine CN-Vergiftung muss bei allen Personen vermutet werden, die einem Rauchgasbrand in einem geschlossenen Raum ausgesetzt waren.

Feststellen der Erkrankung

Ruß im Bereich von Mund, Gesicht oder Nase deutet immer auf eine Rauchgasinhalation hin. Bei CN-Vergiftung ist typisch der Bittermandelgeruch in der Ausatmungsluft.

Symptome

CN-haltiger Rauch wird über den Atemtrakt resorbiert. Bereits nach ca. 30 Sekunden tritt Bewußtseinsverlust ein, nach ca. 3 – 5 Minuten Atemstillstand, nach ca. 5 – 8 Minuten Herzstillstand. Es kann jedoch auch noch Stunden später zum Tod kommen, wenn die innere Vergiftung fortschreitet. Bei einer milden Vergiftung kommt es zu Schwindel, Verwirrtheit und leichten Atembeschwerden. Bei der akuten Vergiftung treten Kopfschmerzen mit Schwindel, Bewusstseinsverlust, Atemstörungen, Krämpfe, Koma, Herz -Kreislaufstörungen wie Kollaps, Lungenödem oder Herzstillstand auf. Ist die aufgenommene Konzentration sehr hoch, können diese Symptome rasch hintereinander auftreten und innerhalb weniger Minuten zum Tod führen. Vom äußeren Aspekt her sieht man bei einer Rauchgasinhalation Ruß im Bereich von Nase und/oder Mund- Rachenraum , eventuell bestehen Schluckbeschwerden oder Heiserkeit. Die Augen brennen und tränen, die Pupillen sind weit. Es besteht Atemnot, die Atmung kann beschleunigt oder verlangsamt sein bis hin zum Atemstillstand. Es können Kopfschmerzen vorliegen, Unruhe, Bewusstseinsstörungen, Benommenheit, Desorientiertheit, Krämpfe, Krampfanfälle, Koma, Übelkeit, Erbrechen, Engegefühl auf der Brust, der Blutdruck kann erhöht oder erniedrigt sein. Um labortechnisch die Diagnose zu sichern, fehlt am Ort des Geschehens die Zeit. Die Halbwertszeit von CN beträgt ca. 1 Stunde. Toxische CN -Spiegel liegen vor bei über 1 mg/l oder über 40 µmol/l. Sie sind retrospektiv nur in ca. 13 % der Fälle nachweisbar. Hohe CN-Spiegel korrelieren mit hohen Plasma-Laktatwerten. Im Körper kommt es deshalb zur metabolischen Azidose. Eine Messung der Laktatspiegel ist jedoch vor Ort ebenfalls nicht möglich.

Behandlung

Seit 2010 gibt es Behandlungsempfehlungen nach Rauchgasinhalation. Diese empfehlen bei einem GS von unter /gleich 9 mit eventuell Krampfanfällen und Synkope neben der Beachtung von Begleitverletzungen eine Gabe von Hydroxpcobalamin von max. 140 mg/kg KG und Einweisung in eine Klinik, eventuell Spezialklinik und gegebenenfalls Druckkkammer(wenn COHb über 25 %). Bei einem GS von 10 – 13 ohne fokale Anfälle empfehlen sie neben der Beachtung von Begleiterkrankungen die Gabe von Hydroxocobalamin von 70 mg/kgKG sowie die Einweisung in eine Klinik und gegebenenfalls Druckkammer, wenn COHb über 25 % liegt oder cerebrale Symptome vorliegen. Bei einem GS über 14 ohne Ausfälle, bei klarem Bewusstsein lediglich ein Monitoring, bei Bronchospastik die Gabe eines ß2-Agonisten als Aerosol, die ambulante Versorgung vor Ort oder eventuell Einweisung in eine Klinik.
Hydroxocobalamin wird als erstes Antidot verwendet, da es gut verträglich ist, auch bei Kindern, Säuglingen und Jugendlichen angewendet werden kann, im Körper zu Vitamin B12 umgewandelt wird, den Sauerstofftransport nicht beeinträchtigt, eine hohe Sicherheit hat, auch im Verdachtsfall angewendet werden kann und als Nebenwirkung lediglich eine Rotfärbung von Haut und Urin verursacht. Als Therapie kommt ein Komplexbildner, Dicobaltedetat, in Betracht, der ebenfalls keine Beeinträchtigung des Sauerstofftransports mit sich bringt, jedoch aufgrund seiner Nebenwirkungen(Blutdruckanstieg oder-abfall, kardiotoxisch) nur bei gesicherter CN-Vergiftung angewendet werden sollte. In Deutschland ist diese Medikament nicht verfügbar. Deshalb ist bei uns Therapie 2. Wahl 4-DMAP, ein Methämoglobinbildner, der durch Methämoglobinbildung die Sauerstofftransportfähigkeit des Blutes herabsetzt und deshalb nur bei nachgewiesener CN-Vergiftung gegeben werden sollte. Denn er weit aufgrund seiner Verminderung der Sauerstofftransportfähigkeit eine synergistische Toxizität bei einer Mischintoxikation mit CO auf. Seine Nebenwirkungen sind Blutdruckabfall, Zyanose und Hämolyse. Bei Überdosierung von 4-DMAP steht Toluidinblau zur Verfügung. Das 3. Antidot ist Natriumthiosulfat, ein Schwefeldonator, der keine Beeinträchtigung des Sauerstofftransports des Blutes nach sich zieht und sich für den sequentiellen Einsatz mit anderen CN-Antidots eignet. Bei Asthmatikern kann es jedoch zu Überempfindlichkeitsreaktionen wie Brechreiz, Durchfall, >Schock und Asthmaanfall kommen. Ein weiterer Nachteil ist, dass die Toxizität im Körper durch die zusätzliche Gabe eines diuretisch wirksamen Medikaments verringert werden muss und dass die Wirkung langsam eintritt.

Prognose

Die Gesamtüberlebensrate liegt bei Rauchgasinhalation bei ca. 67 %.

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