Pilze findet man bei etwa 70 Prozent der Erwachsenen im Darm. Ob und wann Pilze krank machen, wird seit Jahren heftig diskutiert. Eine wissenschaftliche Erarbeitung des Themas erfolgte 2004 durch das Robert-Koch-Institut. Dennoch konnten nicht alle Fragen befriedigend erklärt werden.
Darmflora
Bereits während der Geburt beginnt sich der Magen-Darm-Trakt des Neugeborenen mit Mikroorganismen zu besiedeln(überwiegend Bakterien, jedoch auch Candida=Hefepilze). Im Kleinkindalter hat sich ein Gleichgewicht der Mikroorganismen eingestellt und der Mensch trägt seine individuelle Darmflora, wobei Magen und die verschiedenen Darmabschnitte auch unterschiedliche Mikroorganismen beherbergen. So können sich Enterobakterien, Enterokokken, Staphylokokken, Laktobazillen und Pilze ansiedeln, in Magen und Dünndarm in geringer Zahl, im Dickdarm in hoher Zahl. Im Dickdarm finden sich auch Bakteroides spp., Bifidobakterien, anaerobe Streptokokken, Clostridien und Eubakterien, die im Magen und Dünndarm nur selten zu finden sind. Die Konzentration der Keime ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Pilze, vorwiegend Hefepilze (Candida), weisen ca. 70 % aller gesunden Erwachsenen auf, allerdings finden sich deutlich weniger Pilze wie Bakterien (der bloße Nachweis von Candida im Stuhl über 100 KBE/g Stuhl darf keinesfalls als Darmmykose diagnostiziert werden) . Gelegentlich findet man auch andere Pilzarten wie z. B. Aspergillus, Mucor, Rhodotorula, Cryptococcus und Trichosporon vorübergehend. Diese Pilze können Krankheitserreger im Bereich der Atemwege oder der Haut darstellen. Noch immer ist unklar, ob Pilze zu den nützlichen Darmkeimen gehören. Zumindest verhalten sie sich unschädlich, solange ein funktionierendes Immunsystem vorhanden ist und die Mikroflora nicht gestört ist. So kommen Candidainfektionen vor, sobald die normale Darmflora gestört ist, das Darm-assoziierte Immunsystem beschädigt ist oder die Schleimhaut selbst oder sich die Genexpression von zuvor unschädlichen Candida ändert(z. B. durch hohe Viruslasten).
Candida = Hefepilze
Hefepilze vermehren sich überwiegend durch Sprossung, auch unter anaaeroben Bedingungen wie im Dickdarm. In der Natur kommen über 200 Arten vor. Für den Menschen relevant sind nur ein paar wenige Arten, die bei 37 ° wachsen wie z. B. Candida albicans, Candida guilliermondii, Candida glabrata, Candida krusei, Candida dubliniensis, Candida tropicalis, Candida parapsilosis, Candida lusitaniae. Candida werden den sogenannten opportunistischen Krankheitserregern zugeordnet, d. h., nur unter bestimmten Bedingungen machen sie krank. In der Regel verhindert die unspezifische Abwehr die Vermehrung der Hefepilze.
Ändert sich die Mikroflora des Magen-Darm-Traktes (z. B. durch Antibiotika-Gaben) oder ist das Immunsystem geschwächt, können Candida schädigend auf den Organismus wirken und oberflächliche Infektionen an Haut oder Schleimhaut auslösen oder in tieferes Gewebe vordringen und sich über das Blut in verschiedene Organe ausbreiten und systemische Pilzerkrankungen auslösen.
Krank machende Hefen beinhalten Gene, die zur Zerstörung von Zelloberflächen führen können und damit in Zellen eindringen können. Zunächst binden sie sich an Schleimhaut-oder Hautzellen, dies stimuliert die Bildung eines Biofilms, einer dreischichtigen Mikroflora, welche die Hefen einhüllt uEnzyme (Proteinasen), welche durch verschiedene Mechanismen die Immunabwehr des Blutes schwächt und damit die Abtötung der Hefen verhindert. Die Hefen können ihre Gestalt verändern hin zur lang gestreckten Hyphenform und werden dann nicht mehr von der Immunabwehr erkannt. Verschiedene Candida- Stämme können sich auch in Wirtszellen verstecken und so überleben. Hefen sind sehr anpassungsfähig an verschiedene Milllieubedingungen.
Candida-Infektionen
Candida-Infektionen sind Kontaktinfektionen von „normalen“ Candida, die Haut oder Schleimhaut(z. B. Scheidenepithel) bevölkern. In Krankenhäusern sind Candida- Infektionen sehr gefürchtet, da bei einer Blutinfektion die Sterblichkeitsrate ca. 30 % beträgt und relativ häufig unter den Infektionen mit nosokomialen Infektionen ist. Besonders anfällig für solche Infektionen sind Frühgeborene, Säuglinge, ältere Menschen, Personen während hormoneller Umstellung, Zuckerkranke, Menschen mit Immunschwächen, Menschen mit chronischen Darmerkrankungen, mit Blutkrankheiten oder Tumoren, nach langer Bettlägrigkeit, Alkoholiker, nach Operationen, mit anderen Infektionen, Menschen unter Chemotherapie, Strahlentherapie, unter Antibiotika, unter Immunsuppressiva, mit Dauerkathetern. Pilze können im Magen-Darm-Trakt einen Mund-Soor verursachen, eine Soor-Ösophagitits(Speiseröhrenentzündung), eine Windeldermatitis. Ob Pilze im Darm Bedeutung für andere Magen-Darm-Krankheiten haben, ist noch nicht geklärt. Reizdarmpatienten scheinen anfällig für Kandida zu sein, ob jedoch Candida für einen Teil der Beschwerden verantwortlich ist, weiß man noch nicht.
Candida und Allergien
Candida albicans kann an der Auslösung von Allergien beteiligt sein, da bestimmte Zellkomponenten des Pilzes ein immunogenes bzw. allergisches Potenzial besitzen. Man konnte z. B. in Tierversuchen nachweisen, dass eine Candidabesiedlung nach Antibiotikagabe eine Hypersensibilisierung gegenüber Fremdeiweiß zeigtendie zu Lungenproblemen führen konnten und die Darmschleimhaut ihre Schrankenfunktion nicht mehr so gut erfüllen konnte. Dies scheint für Neurodermitiker und Atopiker eine Bedeutung zu haben, wenn der Darm stark mit Candida besiedelt ist.
Behandlung einer Candida-Infektion
Die Behandlung erfolgt bei Haut-Schleimhaut Erkrankungen mit Antimykotika(Nystatin, Fluconazol) über Tabletten oder Infusionen je nach Schwere der Krankheit. Nystatin ist im allgemeinen nebenwirkungsärmer, kann jedoch manchmal zu Allergien führen. Resistenzen gegen Antimykotika kommen vor. Reinfektionen können zustande kommen durch Partnerkontakt, über Zahnprothesen, Zahnbürsten, Mundstücke, Schnuller etc. invasive Hefepilzerkrankungen werden mit Ammphotericin B, Triazolen, Nukloesid-Analoga oder Echinocandine behandelt.
Vorbeugung
Die beste Vorbeugung ist eine gut funktionierende Darmflora. In verschiedenen Studien ist der positive Effekt einer 12 monatigen Vorbeugung mit Probiotika(L.acidophilus, Kombinationspräparate von Bakterienstämmen, L.rhamnosus) nachgewiesen. Der Erfolg von Antipilzdiäten ist momentan noch nicht wissenschaftlich nachgewiesen. Ganz sicher kann jedoch die Darmflora durch eine gesunde, ballaststoffreiche, zuckerreduzierte Mischkost verbessert bzw. stabilisiert werden.
Eine Antwort auf „Pilze im Darm“
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Ich habe eine Frage.
Da ich keinen Magen mehr habe (Krebs), geht bei mir alles in den Dünndarm. Ich lebe bis dato gut mit diesem Krankheitsbild.
Nun mein Problem. Ich habe einen Untersuchungswert (Stuhlprobe) von Candida, von 10.000 KBE/g.
Es bitte ist damit gesagt ? Ich bekomme seit 3 Tagen Medikamente. Meine Frage ist, um wie viel zu hoch ist der Wert ? Und muss ich mir Sorgen machen?
Habe eine Lactose-Intoleranz, Gluten, Eier, Milch und Nüsse Allergie.
W.K.
Vielen Dank
Liebe(r) Leser(in),
der Candida – Befall ist gegenüber dem Normbereich um das 10fache erhöht, wobei man sagen muss, dass ca. 75 % der Menschen einen erhöhten Wert haben, was u.a. an der Nahrung liegt, denn die meisten Menschen konsumieren viel zu viel Zucker und Pilze lieben Zucker. Ein erhöhter Pilzbefall kann u.a. zu Allergien führen, weshalb in Ihrem Fall vermutlich eine Behandlung sinnvoll ist. Da Sie jedoch keinen Magen mehr haben, ist Ihre Verdauungssituation ohnehin eine andere und es kann auch dadurch zu einer Dysbiose im Darm kommen. Gefährlich ist ein Candidabefall erst, wenn das Immunsystem geschwächt ist(z.B. bei anderen zusätzlichen Erkrankungen wie z.B. AIDS), da dann andere Organe vom Pilz befallen werden können. Liebe Grüße
Ihr Biowellmed Team