Einführung in vererbbare Nierenkrankheiten
Zu den vererbbaren Nierenkrankheiten gehören das Syndrom der dünnen Basalmembran und das Alport Syndrom. Diese Syndrome stellen oft einen Zufallsbefund bei Untersuchungen von Kindern oder Erwachsenen dar, wenn im Urin Blut gefunden und weiter nachgeforscht wird. Im Frühstadium der Erkrankung sind sie häufig nicht zu unterscheiden. Die Differenzierung ist jedoch entscheidend, da beide Erkrankungen eine unterschiedliche Prognose haben.
Alport-Syndrom: Ursachen und Symptome
Die Häufigkeit in der Bevölkerung beträgt 1,9 %. Männer sind doppelt bis sechs Mal häufiger von der Krankheit betroffen. Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei 18 – 35 Jahren. Seltener findet sich die Erkrankung bei Afroamerikanern, Aborigines und Ureinwohnern Neuseelands. Das Blut wird durch die Nierenkörperchen (Glomeruli) gefiltert. Diese müssen deshalb ein Leben lang der starken Belastung des Blutflusses standhalten und sind daher äußerst stabil. Die glomerulären Basalmembranen sind Teil der Nierenkörperchen. Sie bestehen aus Eiweißen und sind aus einem Netzwerk der Kollagenketten alpha 3-,4-,5 aufgebaut.
Genetische Grundlagen und Vererbung
Bei Patienten, die unter dem Alport Syndrom leiden, bestehen Mutationen, die die alpha 3-, 4- und 5-Kette des Kollagen IV betreffen. Dies führt zu einem fehlerhaften Aufbau des Kollagen IV-Netzwerks, wodurch die Basalmembranen anfangs dünn werden, später zu Aufsplitterung, Verdickung bis hin zur Verödung ganzer Nierenkörperchen führen. Am häufigsten ist von den Mutationen die alpha-5-Kette betroffen. Die Vererbung erfolgt x-chromosomal und betrifft ca. 80 % der Fälle. Die anderen Ketten sind seltener betroffen und werden autosomal rezessiv vererbt. Nur selten kommt es zu autosomal dominanter Vererbung.
Häufige Symptome: Hämaturie, Proteinurie, Hör- und Sehprobleme
Meist besteht anfangs Blut im Urin, später kommt es zu einer erhöhten Eiweißausscheidung im Urin (Proteinurie). In 50 % der Fälle kommt es zu einer beidseitigen Innenohrschwerhörigkeit und in ca. 10 % zu Augenveränderungen (kugelförmige Vorwölbung der Linse, grauer Star oder Augenhintergrundveränderungen). Später folgt die fortschreitende Einschränkung der Nierenfunktion. Betroffen sind vorwiegend Männer (da überwiegend x-chromosomale Vererbung). Jedoch erkranken auch Krankheitsüberträgerinnen. Ca. 40 % bekommen in späteren Jahren eine chronische Niereninsuffizienz, ca. 20 % werden schwerhörig.
Diagnose des Alport-Syndroms
Bedeutung der Familienanamnese
Bei Kindern ist die Diagnose schwierig, da bei Kindern die Basalmembranen ohnehin noch dünn sind und bis zum 11. Lebensjahr wachsen. Bestehen in der Familie bereits bekannte Fälle der Erkrankung, ist die Diagnose oft leicht zu stellen, ist dies nicht der Fall, ist eine Nierenbiopsie mit Betrachtung unter dem Elektronenmikroskop unumgänglich. Immer sollte auch eine Immunhistologie für Immunglobuline erfolgen und eine Lichtmikroskopie oder eine molekulargenetische Untersuchung.
Therapieansätze beim Alport-Syndrom
Einsatz von ACE-Hemmern zur Verzögerung des Verlaufs
Vorbeugend sind ACE-Hemmer sinnvoll. Diese können den Krankheitsverlauf um einige Jahre verzögern, jedoch nicht aufhalten. Früher oder später ist die Nierenfunktion so stark beeinträchtigt, dass die Dialyse notwendig wird oder eine Nierentransplantation. Die Geschwindigkeit des Geschehens ist sehr variabel.
Syndrom der dünnen Basalmembran
Ursachen und typische Symptome
Betroffen sind ca. 1 % der Bevölkerung. Bei ca. 40 % liegt die Ursache dieser Erkrankung in einer Mutation im Kollagen Typ IV. Bei den übrigen Betroffenen ist die Ursache noch unklar. Meist liegen keine Beschwerden vor. Es besteht lediglich Blut im Urin und allenfalls eine geringfügige Proteinurie. In der Regel ist der Verlauf günstig und es treten keine Einschränkungen der Nierenfunktion auf.
Diagnostische Abgrenzung zum Alport-Syndrom
Notwendig sind eine körperliche Untersuchung und Anamnese, eine urologische Untersuchung mit Blasenspiegelung und Röntgenuntersuchung der Nieren sowie Ultraschalluntersuchung, um andere Ursachen der Hämaturie auszuschließen. Nur bei Auftreten höher Eiweißkonzentrationen im Urin oder bei Nierenfunktionsstörungen ist eine Nierenbiopsie (s. Alport Syndrom) erforderlich. Abzugrenzen ist die Erkrankung vom Alport Syndrom und der IgA Nephritis.
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