Warum streiken die Ärzte
Fachartikel zum Thema Warum streiken die Ärzte
Dass wir seit vielen Jahren zunehmend strengeren Regeln und Pflichten unterworfen sind wie z. B. Zwangsfortbildungen (Warum werden eigentlich Politiker nicht dazu verpflichtet, sich fortzubilden?), während wir zunehmend unsere Rechte verlieren wie z. B. freie Medikamenten- und Behandlungswahl, haben wir bisher stillschweigend hingenommen. Die Gängelung und Überwachung durch den Staat bringt uns auch leider keine Annehmlichkeiten wie das z. B. in anderen Berufen der Fall ist. Wir haben angeblich einen freien Beruf gewählt und müssen die Risiken wie Krankheit, Arbeitslosigkeit, Kostenzunahme etc. selbst tragen. Keiner fragt danach, wie wir unseren täglichen Arbeitsaufwand bewältigen, wenn es uns einmal nicht gut geht. Organisatorisch ist es den meisten Ärzten unmöglich, auch nur einen Tag zu Hause zu bleiben, weil sie sonst an den übrigen Tagen so viel Mehrarbeit leisten müssen, dass sie das kaum schaffen können, insbesondere, wenn sie nicht völlig gesund sind. Ein kleines Beispiel hierzu: Neulich früh morgens, als ich auf dem Weg in ein Pflegeheim war, um einen Patienten zu besuchen, rutschte ich auf eisglattem Gehweg aus und fiel wie ein Brett auf den Boden. Ich zog mir ein paar Prellungen zu und verstauchte meine Hand. Sonst ist glücklicherweise nichts passiert. In diesem Moment wurde ich von einer Arzthelferin verständigt, dass ich einen Notfallbesuch machen müsse. In fast jedem anderen Beruf hätte ich die Gelegenheit gehabt, mich wieder zu sammeln, nach meiner verschmutzten Kleidung zu schauen, eventuell sogar nach Hause zu gehen - wie oft erlebe ich das bei meinen Patienten, die sich dann krank schreiben lassen - nicht so als Ärztin. Da heißt es auf die Zähne beißen und so tun als ob nichts passiert wäre, rein ins Auto und sofort zum nächsten Patienten, den ich dann noch mit meiner verletzten Hand hochheben musste. Von solchen Lapalien will unsere Politik natürlich nichts wissen, wie könnte es sonst auch sein, dass ein Hausbesuch mit ca. 14 € dotiert ist, von dem wir dann noch unsere Unkosten zu decken haben und den wir noch verantworten müssen, wenn wir ihn überhaupt machen. Glückliche Handwerker, die ihre Besuche nach Zeit und Aufwand abrechnen! Ich möchte mich hier nicht in Einzelheiten verlieren, von denen es viele aufzuzählen gäbe. Fest steht, dass ich meinen Beruf mit Leidenschaft und Liebe erwählt und gelernt habe und dass es mir jetzt geht wie vielen meiner Kolleginnen und Kollegen, dass sie ihre Arbeit zunehmend als Belastung empfinden. Das liegt nicht an der Medizin, die für mich noch immer eine hoch interessante Wissenschaft ist und liegt nicht an den Patienten, die mir ans Herz gewachsen sind und denen ich gerne helfen möchte. Es liegt vielmehr an den katastrophalen Bedingungen, unter denen wir arbeiten, an zu großer Arbeitsbelastung durch Bürokratie, Verzweiflung, weil wir uns in dem Dickicht der Paragraphen, die wie ein Damokles - Schwer über unserer Existenz hängen, nicht mehr orientieren können. Dass wir ständig mit Regress - Drohungen leben, nur noch mit der Androhung einer Bestrafung bei Nichteinhalten der Forderungen arbeiten dürfen, ist seit Jahren eine Zumutung. Wenn jetzt die Regierung fordert, dass wir unseren Verdienst einbüßen, wenn wir zu teure Medikamente verordnen, weil wir den Pro - Kopf - Satz nicht einhalten, der von der Regierung festgelegt wurde, unabhängig davon, welche Erkrankung bei einem Menschen vorliegt, überschreitet die Grenzen ethischen Verhaltens bei weitem. So ist es verständlich, wenn viele Ärzte aussteigen aus ihrem Beruf, wenn sie es sich irgendwie leisten können, weil sie sagen, dass sie nicht mehr weiter bereit sind, ihr Leben für solche Bestimmungen zu opfern. Viele meiner Kolleginnen und Kollegen verbringen ihre Zeit bei der Arbeit, bei der Fortbildung und bei Fachlektüre. Es bleibt ihnen kaum Zeit für die Familie, für eigene Bedürfnisse und die meisten haben seit Jahren außer einem Fachbuch kein Buch mehr gelesen. Sie sind erschöpft und ausgelaugt. Deshalb gehen sie auf die Straße und hoffen, auch im Interesse ihrer Patienten und der Vorstellung ihres eigenen Alters und medizinischem Bedarf, dass Sachverstand vor Willkür siegt.
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